05.09.2023
Bücherei-Konzeption

DIE BÜCHEREI ist offen für alle Menschen

Wenn wir das Wort „pastoral“ hören, denken wir erst einmal an Pastöre. Diese werden auch Seelsorger genannt, weil sie sich um die Seele des Menschen in ihrer Heilwerdung kümmern. Pastorales Handeln ist also vor allem seelsorgliches Handeln.

Orte, an denen seelsorgliches Handeln stattfindet, wie bspw. in Kirchen, nennt man daher pastorale Orte. Doch es gibt noch andere Orte, an denen – bewusst oder unbewusst – pastorales Handeln in Jesu Namen stattfindet.

Auch Büchereien sind bei genauerer Betrachtung pastorale Orte, nämlich in folgenden Blickrichtungen die uns im Zukunftsbild des Erzbistums angeboten werden.

Büchereien haben Qualität – verlässlich, persönlich, ästhetisch.

„Wo Menschen zusammenkommen, da muss man mit Wundern rechnen.“ (Hannah Arendt)

Mit einladender Atmosphäre, einer großen Medienauswahl und nutzerfreundlichen Öffnungszeiten bieten unsere Büchereien den Rahmen für einen Ort der zwanglosen Begegnung und des persönlichen Austauschs.
Die besondere Qualität der Büchereien liegt darin, dass sich die ehrenamtlichen Büchereimitarbeitenden Zeit nehmen können für die Menschen, die in ihre Einrichtung kommen. Sie teilen mit den Besucherinnen und Besuchern ihre Leidenschaft für Literatur, die Lust am Lesen und den Austausch darüber. Oftmals kennen sie ihre Kundschaft lange persönlich und wissen auch um die individuelle Lebenssituation der Menschen vor Ort. Dieses Wissen ist ein Schatz, der den Büchereimitarbeitenden anvertraut wird.
Es ermöglicht ihnen, ein abgestimmtes, verlässliches Medienangebot bereit zu stellen und dieses kompetent zu vermitteln. Damit wird bei den Menschen wiederum Vertrauen in die Einrichtung geschaffen. Sie fühlen sich ernst genommen und kommen an diesen Ort der wertschätzenden Zugewandtheit gerne zurück.

Büchereien sind offen für die persönlichen Lebensthemen der Menschen.

„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.“ (H. Hesse)

Die Büchereien stehen für eine Kultur des Lebens und für ein ganzheitliches Menschenbild. Hier gibt es ausgewählte Literatur, die den Menschen in seiner  Entwicklung und den verschiedenen Lebensphasen begleiten und individuell unterstützen kann – von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter.

So stehen Medien bereit, die Eltern beim Vorlesen helfen, ihren Kleinsten den Spaß an Geschichten zu vermitteln, deren Sprachfähigkeit zu fördern und Aufmerksamkeitsspannen auszubauen. Zudem fördert Vorlesen die vertrauensvolle Atmosphäre zwischen Eltern und Kindern. Bei Schulkindern wird das Lesenlernen erleichtert und damit auch die Schreib- und Ausdrucksfähigkeit gefördert. Mit gezielten Veranstaltungen zur Leseförderung wird dieses Angebot untermauert. In der geistig anregenden Büchereiatmosphäre entdecken Kinder laufend neue Bücher und damit Themen, mittels derer sie die Welt entdecken und erforschen können. Sie erhalten so den Umgang mit Fakten, lernen diese einzuordnen und erweitern ihren Wissensschatz. Selbstorganisiertes, lebenslanges Lernen wird gefördert und mit der Zeit zu einer Selbstverständlichkeit. So finden sich Kinder später im Leben besser zurecht. Damit nimmt die Kirche ihren Bildungsauftrag wahr.
Zudem stehen in der Bücherei die Lebensthemen und -situationen  der Jugendlichen und Erwachsenen im Fokus. In Gesprächen und mittels Bereitstellung hilfreicher Literatur wird der Mensch in seinen Lebensphasen unterstützt und gefördert. Dieses „Kundenwissen“ gibt Anhaltspunkte für das Medienprofil der Bücherei.

Die Altersgruppen zwischen 30 und 60 haben häufig wenig Zeit, da sie familiär und beruflich ausgelastet sind. Hier sind die Themen Schwangerschaft und Geburt, Kita und Schule, Pflegesituation, Gesundheit und Krankheit, aber auch Krisenthemen in Ehe und Erziehung oder Probleme am Arbeitsplatz. Nicht zuletzt dient die Lektüre der Entspannung und Unterhaltung.

Die Altersgruppe über 65 ist sehr aktiv. Manche bringen viel Zeit mit. Manche Menschen sind nach dem Verlust des Partners allein und kommen zum Sprechen.

Darüber hinaus finden die Menschen spirituell anregende Literatur und somit  Zugang zu Themen der Selbstfindung und Gotteserfahrung.

Die Büchereien fördern somit auch die Vermittlung von christlichen Werten und Normen, die für das Miteinander in einer demokratischen und pluralen Gesellschaft unverzichtbar sind.

Büchereien sind differenziert, profiliert, exemplarisch.

„Vieles kann der Mensch entbehren, nur den Menschen nicht.“ (Ludwig Börne)

Die Büchereien sind offen für alle Menschen. Jede und jeder ist willkommen – unabhängig von Alter, Nationalität, kulturellem Hintergrund oder Konfession. Die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Individualität stehen im Mittelpunkt und werden von den Büchereimitarbeitenden sensibel wahrgenommen.
So werden Kinder von Anfang an mitgenommen in die Bücherei. Diese kommen aus verschiedenen sozialen Schichten, um zu lesen oder Spiele auszuleihen.

Einige Besucher wollen nur „Lesestoff“. Einige suchen die Bücherei auf für soziale Kontakte und wünschen sich ein Gespräch. Andere Menschen sind eher kontaktscheu. Trauernde haben andere Bedürfnisse als Familien oder Rentner. Ältere Frauen sagen häufig: „Endlich habe ich Zeit zum Lesen“.
Diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu realisieren und differenziert darauf einzugehen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe für die Büchereimitarbeitenden.

Büchereien sind Orte des Austauschs zwischen Kirche und Welt.

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (A. de Saint-Exupery)

Büchereien sind Orte des Willkommens, der Begegnung und der Kommunikation. Es gilt die Botschaft: „Schön, dass Du da bist!“ Allein schon durch Zuhören und sich Zeit nehmen mag jemand in einem Gespräch Trost und Zuwendung erfahren. Die überwiegend ehrenamtlichen Büchereimitarbeitenden leben christliche Werte. Dazu zählen Wertschätzung füreinander und Rücksicht aufeinander sowie gelebte Nächstenliebe. Büchereien sind somit pastorale Orte des Austauschs und des guten Miteinanders, auch zwischen Kirche und Welt. Vielleicht ebnen sie manchen Menschen auch den Zugang zum Glauben und zur Kirche.

Büchereien kooperieren und sind vernetzt.

„Mit einer Hand lässt sich kein Knoten knüpfen.“ (Mong. Sprichwort)

Büchereien sind lebendiger Teil und Mitgestalter der Kirchengemeinde. So wirken Büchereimitarbeitende bspw. auch beim pastoralen Prozess mit und kooperieren mit anderen Einrichtungen im Sozialraum. Damit ist die Bücherei Vermittlerin zwischen Kirche und Einwohnern der Stadt und ein „pastoraler Ort mit viel Strahlkraft“ in die Gesellschaft.[1] Es wird ein positives und lebendiges Bild von Kirche vermittelt.
Mit Blick auf die Menschen in der Bücherei und in der Umgebung bieten sich folgende Kooperationspartner an:
Gremien der Pfarrgemeinde wie Pfarrgemeinderat, Gemeindereferenten, Steuerungsgruppe pastoraler Prozess, Kitas, Schulen, OGS, VHS, kfd, Kommunion- und Firmvorbereitungsgruppe, Senioren-Bus, Familienberatungsstelle, Caritas, AWO, Kommune, Hospizgruppe, Bildungswerk, Kinderarztpraxis, Autoren der Region, kommunale oder freie soziale Eirichtungen (Die Tafel, HOT etc,), örtliche Vereine. Häufig reicht es bereits, einen „Fürsprecher“ der Bücherei in einem Gremium zu kennen, um Informationen zu bekommen und Ansatzpunkte für eine Zusammenarbeit bzw. Vernetzung zu erkennen und festlegen zu können.

[1] Betina Zimmermann: köb – ein pastoraler Ort mit viel Strahlkraft. In: Quelle: Broschüre zum 100-jährigen Fachstellenjubiläum: „100 Jahre Büchereifachstelle im Erzbistum Paderborn: 1914 – 2014 ; unterstützen, begleiten, entwickeln. S. 42-47.

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